Aus einem Brief von Bernhard von Clairvaux (1090 - 1153)

Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale, nicht als Kanal,
der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt,
während jene wartet, bis sie gefüllt ist.
Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt,
ohne eigenen Schaden weiter, denn sie weiß,
dass der verflucht ist, der seinen Teil verringert...

Wir haben heutzutage viele Kanäle (in der Kirche),
aber sehr wenige Schalen.
Diejenigen, durch die uns die himmlischen Ströme zufließen,
haben eine so große Liebe, DASS SIE LIEBER AUSGIESSEN WOLLEN ALS DASS IHNEN EINGEGOSSEN WIRD,
DASS SIE LIEBER SPRECHEN ALS HÖREN,
DASS SIE BEREIT SIND ZU LEHREN; WAS SIE NICHT GELERNT HABEN
UND SICH ALS VORSTEHER ÜBER DIE ANDEREN AUFSPIELEN
WÄHREND SIE SICH NICHT REGIEREN KÖNNEN.
Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen,
und habe nicht den Wunsch, freigebiger als Gott zu sein.
Die Schale ahmt die Quelle nach.
Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zur See.
Die Schale schämt sich nicht, nicht überströmender zu sein als die Quelle...
Du tue das Gleiche!

ZUERST ANFÜLLEN UND DANN AUSGIESSEN. Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt überzuströmen, nicht auszuströmen... Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst. WENN DU NÄMLICH MIT DIR SELBST SCHLECHT UMGEHST, WEM BIST DU GUT? WENN DU KANNST; HILF MIR AUS DER FÜLLE, WENN NICHT; SCHONE DICH.

Verfasser: Bernhard von Clairvaux (1090 - 1153)