Liebe Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

nicht nur der „Normalmensch“ befindet sich zurzeit in einem Zustand von Angst, Anspannung und Unfrieden. Dieser Zustand, der zuweilen schon das Prädikat „chaotisch“ verdient, zeigt sich derzeit auch in vielen, wenn nicht in den meisten Firmen. Bis zum letzten Mitarbeiter macht sich das Gefühl breit, dass ‚die da oben’ hektisch agieren und Entscheidungen treffen, die ‚unten’ kaum einer mehr nachvollziehen kann. Druck und Angst haben sich bei vielen Mitarbeitern in den letzten Jahren stetig verstärkt und die Freude an der Arbeit und an der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, sinkt beständig. 

Zwar wird fromm genickt, wenn es in Sonntagsreden heißt, die Mitarbeiter seien das wichtigste Kapital einer Firma. Davon spüren die „human resources“, wie sie im Manager-Deutsch genannt werden, jedoch nichts. Mehr und mehr Mitarbeiter, nicht nur in Führungsfunktionen, erliegen in diesen Monaten dem „Burnout-Syndrom“, einer Depression oder werden anderweitig krank. Andere halten sich voller Angst und ohne Eigenmotivation an ihremArbeitsplatz fest und sind froh, wenn sie abends aus der Mühle rauskommen. Ich schätze, dass inzwischen mindestens 40-50 Prozent aller Mitarbeiter mit einem inneren ‚Nein’, also mit angezogener Handbremse, an ihren Arbeitsplatz gehen und ihnen das Gehalt und der Urlaub wichtiger sind als die Qualität ihrer Arbeit. Diese Mitarbeiter wirken auf das Energiesystem einer Firma wie Viren in einem Computer, gegen die es keine „Firewall“ gibt. 

In den oberen Etagen riecht man, dass dieser Zustand nicht mehr lange gut gehen kann und sucht nach Konzepten, die Mitarbeiter zu motivieren, um die Unternehmensziele zu erreichen, u. a. per „Change Management“. Aber den Wandel, dessen Gesetzen auch unsere Firmen in dieser Zeit der großen Veränderungen unterliegen, meinen sie damit (noch) nicht. In vielen Firmen bleiben Veränderungen auf die Strukturen beschränkt, deren Sinn Mitarbeiter und Führungskräfte der mittleren Ebene oft nicht nachvollziehen können und die sie daher auch oft nicht mittragen bzw. umsetzen.

Das Menschenbild, mit dem viele Manager heute noch führen, wird dem wirklichen Wesen des Menschen selten gerecht. Man glaubt, der Mensch sei von Natur aus nicht in Ordnung, fleißig und verantwortungsbewusst. Darum müsse man ihn antreiben, kontrollieren und seine Ängste hierbei nutzen. Man müsse Mitarbeiter in einen Wettbewerb schicken, bei dem es Gewinner und Verlierer gibt. Man glaubt, sie ködern und puschen zu müssen mit Gehaltserhöhung, Boni oder Gratifikationen und schönen Auszeichnungen, weil er von Natur aus nicht an Arbeit interessiert sei. Dass der Mensch in seiner Arbeit eine wesentliche Quelle für Erfülltheit, Freude und Gemeinschaftserleben sucht, wird nicht oft gesehen.

Die nächsten Monate und Jahre werden offen legen, wie brüchig die Firmen sind, die ihr Augenmerk in der Vergangenheit vor allem auf Auftragseingang, Rendite und Aktionärsinteresse gelegt haben. Vorstände und Geschäftsführer, die ihre Firma durch die Stürme der nächsten Jahre heil steuern wollen, werden jetzt grundlegend umdenken und aus ihrer Firma wieder eine Ge-Mein-schaft von Menschen formen dürfen, in der sich der Einzelne gesehen und wertgeschätzt fühlt, in die jeder sein „Mein“ einbringen und Freude und Sinn an seiner Arbeit empfindet. Wo das nicht gelingt, wird die Firma scheitern. Sie werden eine Unternehmenskultur schaffen müssen, in der Menschen miteinander und nicht gegeneinander arbeiten, in der Konkurrenzdenken, Neid und Missgunst verwandelt werden zu einer Haltung der Achtung, Wertschätzung und Unterstützung.Der Mitarbeiter wieder in seiner Einzigartigkeit mit seinen spezifischen Talenten und persönlichen Stärken seinen Entfaltungsraum findet.

Diese Transformation der Unternehmen wird jedoch nicht nur von oben stattfinden, sondern auch von unten. Jeder Mitarbeiter wird erkennen dürfen, dass ein inneres „Nein“ zur Arbeit sowie sein Unfrieden mit sich selbst und seinen Mitmenschen, seine Selbstverurteilung, verbunden Emotionen der Angst, Wut, Kleinheit, Scham und Schuld, die er am Morgen in die Firma hinein trägt und die zu unzähligen Konflikten und destruktiven Erscheinungen führen und auf Dauer zum Verlust seines Arbeitsplatzes führen wird. Hierfür darf jeder Mensch jetzt seine Verantwortung übernehmen und seinen Weg finden zu innerem Frieden, zur Freude an der Arbeit und an der Begegnung und der kreativen Zusammenarbeit mit Kollegen und Vorgesetzten.

Die ‚da oben’ anzuklagen und zu verurteilen nach dem Motto „Ihr bringt es ja nicht“, bedeutet die Abgabe der persönlichen Verantwortung für den Sinn und die Qualität seines Lebens und Arbeitens. Dies hat zu einer weit verbreiteten Opferhaltung, Ohnmacht und Lethargie (auf deutsch, zu einer ‚Leck mich am A…’-Haltung) geführt. Dieses ‚Opfer-Täter-Spiel’ ähnelt der Haltung eines Jugendlichen gegenüber dem eigenen Vater, der sich weigert, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen und die Verantwortung für sein Lebensglück zu übernehmen. Mit dieser Grundhaltung katapultiert sich der Mitarbeiter in Zukunft selbst aus der Gemeinschaft der Firma hinaus. 

Angesichts der großen Veränderungen, in denen sich die Menschheit zurzeit befindet in Angst und Starre zu verharren und zu hoffen, irgendwie würde es schon noch gehen, wird für den Einzelnen wie für jedes Unternehmen schmerzhafte Folgen haben. Die ersten Krisen und Turbulenzen in der Wirtschaft, deren Anfang wir bisher erlebten, fordern Inhaber und Top-Management genauso auf, sich zu besinnen und neu auszurichten wie es die persönlichen Krisen des einzelnen Menschen tun, die sich jetzt in großem Maß zeigen werden in Form von Ängsten, Panik, Depression und anderen psychischen und körperlichen Symptomen und Krankheiten. Wer sich gesunde, motivierte oder gar begeisterte Mitarbeiter in seinem Unternehmen wünscht, wird sich auch hiermit intensiv beschäftigen dürfen, zumal diese Symptome in den Führungsetagen und im mittleren Management bereits zur Alltagserscheinung gehören.

Allen Unternehmern und Führungskräften, die diese Prozesse aufmerksam beobachten und erkennen, dass in ihren Firmen etwas geschehen muss, werde ich in Zukunft mit einer größeren Gruppe von Männern und Frauen als Trainer und Coach zur Seite stehen! Damit sie aus ihrer Firma wieder eine Gemeinschaft von Menschen schaffen, die mit Freude und Achtsamkeit arbeiten und sich gegenseitig (und auch die Leitenden und Anleitenden) wertschätzen, ehren und achten.

Ich wünsche allen ein mutiges und frohes Anpacken der Aufgaben, die vor uns liegen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr