Heute als ich durch den Wald lief, fand ich eine tote Hirschkuh, es schien zuerst als ob sie schlief, doch bei näherem Betrachten fühlte ich den Tod.
Eine tiefe Traurigkeit überkam mich, ich weinte, und setzte mich zu ihr, wir waren umgeben von Bäumen und ich hatte den Eindruck als ob alles ganz still wurde um mich, kein Vögelchen sang, kein Geräusch. Nur sie und ich.
Dann stand ich auf und suchte ein Blümchen, einen schönen Stein und legte es zu ihr, ich streichelte über ihre Wangen und erneut überkam mich dieser tiefe Schmerz… unerklärlich, so tief, so schwer, so alt.
Aus einem Impuls heraus begann ich zu singen, ein altes Lied, das kannte ich von meiner Großmutter, in einer slawischen Sprache, so begleitete ich den Geist des schönen Tieres über die Regenbogenbrücke. Eine Wärme überkam mich, wie ein warmer Wind küsste sie mein Herz. So legte ich mich nieder und ließ die Wärme in mir fließen. Sie umspielte all meine inneren Organe… und füllte mein Herz.
Da hörte ich die Stimme - meine Stimme? Ihre Stimme?
„Wer bist Du, Kind?“- „Ich?, Ich bin Cantuta.“
„Und wer bist Du?“ „Na, ich bin Mutter Erde, wieso weinst Du, mein Kind?“
„Ach, es tut so weh, der Tod dieser Hirschkuh, der Tod von so vielen Menschen, Wesen die ich liebte…. , dieses Loch in mir… es schmerzt dort.“
„Du weißt, dass der Tod zum Leben gehört, gell, mein Kind? Du siehst Deine Freunde, die nicht mehr auf der Erde weilen? Du siehst und spürst Deine Ahnen? Der Tod ist nicht das Ende, der Tod ist ein anderer Anfang. Danke, dass Du für meine Tochter, Deine Schwester gesungen hast, Danke für die Ehrung… für den Respekt“.
Ich wurde ruhiger, setzte mich hin. Und schaute um mich herum… nichts, kein Gesicht.. niemand… Und doch diese Wärme. Überall. Um mich - und in mir.
„Suchst Du mich?“ fragte die Stimme und ich hörte das Lächeln heraus… Ich bin hier, da und überall. Ich bin in Deinem Herz. In allen Herzen meiner Kinder.“
„Ja“ sagte ich, natürlich. Sie ist in allem, denn alles ist beseelt und verbunden.
„Nicht alle Menschen sehen das. Sie beuten Dich aus, verletzten Dich, verletzten sich…“
„Das ist so mein Kind, nicht alle Kinder der Erde sind erwacht, sie schlafen noch, verschließen die Augen, doch JETZT ist die „Zeit des Wandelns“, die Zeit um zu stehen. Die Hüter, Diener, die Erwachten öffnen Tore für die, welche noch folgen werden… und sie werden kommen. Das weiß ich, denn alle tragen das alte Wissen in sich. Alle Seelen sind von Grund auf rein. Haben ein schönes Herz.“
„Das ist so, Mama Erde, das ist so…. und ich spüre Dich, ich fühle Dich im Wald, im Wasser, wenn ich laufe, fliege, tanze, singe, Du bist bei mir. Meine Geschwister, die Bäume, Tiere, Steine.. alle sind bei mir…- ich spüre Deine Liebe so sehr. Sie gibt mir Halt. Danke dafür.“
„Danke an Dich, so ist es, der Tod, das Leben, der Kreis des Verbunden-Seins. Ihr meine Kinder, sollt Euch gegenseitig sehen, halten, Euch helfen, Euch tragen, ermutigen… Ihr seid so wunderbar. In jedem Eurer Herzen ist ein Stück von mir… So sind wir alle Eins und doch so verschieden. Das macht es so interessant und so farbig.“
„Was soll ich jetzt tun? „ frage ich etwas unsicher, denn die Trauer und der Schmerz war gewichen, die Wärme in mir hüllte alles ein…
„Trage die Liebe hinaus in die Welt, entzünde Lichter, mach Geschenke, lasse los, nehme an… überrasche Menschen, Tiere, Wesen, Liebe, lache und heile. Dann heilst Du Dich… heilst Du Dein Umfeld - so heilst Du mich, die Mutter, meine Wunden sind tief, doch Ihr Menschen werdet Euch erinnern und heilen und mir Liebe zurückschenken, darauf vertraue ich. Du bist ein Erdenkind, eine Hüterin der Erde, im Herzen sind wir tief verbunden, vergiss das nie.“
Als ich die Augen öffnete, schien alles heller, weicher, sanfter, ich hörte wieder die Vögel zwitschern und spürte in mir das Vertrauen …in das Leben, in mich, in uns. Vertrauen… Liebe, Hingabe, Loslassen, Annehmen… Verbundensein… LEBEN.
Text: Mirsada Gubler 23.4.17