Sind Sie normal oder glücklich?
„Ein normales Leben macht überhaupt nicht glücklich. Es vermittelt uns vermeintliche Sicherheit und Kontrolle. Wohlgemerkt, der normale Mensch sucht nach diesen Dingen, doch das hat nichts mit Herzerfüllung zu tun. Glück besteht darin, irgendwann zu erkennen, dass man keine Sicherheit mehr braucht. Und ja, ich bin glücklich.”

Heißt das, Sie sind bei sich angekommen und genießen Ihr Leben?
“Zum Teil. Das Leben ist eine Reise zu sich selbst. Wir sind immer auf dem Weg. Ankommen, bedeutet ein bestimmtes Bewusstsein zu entwickeln. Ich weiß, da ist Luft nach oben ohne Ende. Aber ich freue mich auf alles, was da noch kommt. Ich bin gerade am Anfang. Was Spass macht, ist die Lust und Freude daran, immer wieder anzukommen. Das macht es so prickelnd. Das ist Lebensfreude. Glück. Erfüllung.”

Ist das wirklich so einfach? Genügt positives Denken und schon führe ich ein wunderbares Leben? 
“Vom klassischen positiven Denken halte ich nichts. Das hat natürlich seine Berechtigung, war ein Wegweiser... Mein Team und ich  arbeiten anders, gehen davon aus, dass all unser Wissen im Herzen gespeichert ist. Zum Beispiel die Gedanken übers Leben. Die wenigsten von uns haben diesbezüglich viel Positives gespeichert. Aufgewachsen sind wir doch fast alle mit Begriffen wie: schwer, kein Zuckerschlecken, kein Wunschkonzert, du musst dich anstrengen...

Das Leben ist schön, ist ein Geschenk... solche Sätze höre ich selten. Wir haben also zum einen die Kraft der Gedanken, die unser Leben bestimmen. Zum anderen unsere Gefühle, die von den Gedanken erschaffen werden. Wir  haben aber keine Ahnung, wie wir unsere Gedanken überprüfen und unsere Emotionen transformieren können. Seit unserer Kindheit erschaffen wir unablässig Emotionen, mit denen wir nicht klar kommen, die wir nicht verstehen.

Was geschieht mit unseren Gefühlen, die wir nicht aufarbeiten, sondern verdrängen?
Unterdrückte, nicht verstandene und nicht verarbeitete Gefühle sind für mich die Nr. 1 der Krankheitsverursacher. Ob wir die Wut nehmen, die Migräne, Nasennebenhöhlenvereiterung, Kieferprobleme, Gallensteine oder Magenschmerzen auslösen kann. D.h. ursprünglich war da ein Gedanke: die Welt ist ungerecht, mein Vater gemein zu mir etc.; und diese Wut kann nicht ausgedrückt oder angenommen werden und wird runtergeschluckt. Unser Körper kann diese Wut ebenfalls nicht verarbeiten.

Es macht also krank, wenn wir Gefühle verdrängen?
Genau. Wir zerbrechen uns oft den Kopf und versuchen, Dinge mit dem Verstand zu lösen, die dieser so nicht lösen kann. Das Ergebnis sind Kopfschmerzen. Schmerzen sind Boten. Hinter dem Schmerz versteckt sich ein Gefühl. Und das will ans Licht kommen, beachtet werden. Schmerzen sind der Widerstand vor dem Fühlen des eigentlichen Gefühls. Angst und Wut sind nicht spürbar, doch sie verbergen sich dahinter. Das macht unser Körper  eine Zeitlang mit. Aber dann reagiert er mit Beschwerden, schlimmstenfalls sogar lebensgefährlichen Erkrankungen. Auf meinen Seminaren erlebe ich immer wieder, dass gravierenden Erkrankungen schwere emotionale Verletzungen vorausgegangen sind. Zwei Fragen genügen: Wann ist die Erkrankung diagnostiziert worden. Und: Was ist sechs bis 36 Monate davor geschehen? Bei 40 bis 50 Prozent ist  eine Trennung oder ein Todesfall aufgetreten. Das sind Schockerlebnisse, in denen der Verlassene sagt: Jetzt ist alles aus. Oder: Das schaffe ich allein nicht. Das registriert der Körper und schließt daraus, dass für ihn nun auch alles zu Ende ist. Die zweite Konstellation ist dass mehrere Stressfaktoren zusammenkommen.”

Krankheiten sind demnach ein Warnsignal, das uns bei Stress wachrütteln will?
“Ja. Die Seele wertet Erlebnissen nicht nach gut oder schlecht, sondern nur nach intensiv oder weniger intensiv. Zu viele Menschen sind in ihrer Entwicklung stehen geblieben und die werden jetzt wachgerüttelt. Und das ist mitunter ziemlich schmerzhaft. Bandscheibenprobleme, Gelenkkrankheiten, Rückenschmerzen - das sind Symptome des Stillstandes.”

Wieso Stillstand? Die meisten von uns tun doch viel zu viel...
“Wir sind Macher und haben das Nichtstun verlernt, sind in ein Ungleichgewicht geraten. Entspannen, Genießen - das haben die meisten von uns nicht gelernt. Alles ist Rhythmus: Einatmen, ausatmen - doch die meisten konzentrieren sich nur auf den ersten Teil und vergessen das Loslassen. Das Leben zwingt uns jedoch irgendwann in die Waagerechte - wer nicht los lässt wird durch Krankheiten gezwungen, kürzer zu treten.”

Und wie halte ich das Hamsterrad auf. Wie komme ich da raus?
“Dafür müssen wir meist zuerst ins Extrem gehen. Meist bedarf es einer Krise, damit Betroffene inne halten und sich fragen: Was mache ich hier eigentlich? So lange wir gesund bleiben, kümmern wir uns nicht um unseren Körper. Erst wenn wir Schmerzen haben, widmen wir ihm Aufmerksamkeit und schauen, was los ist. Wir erschaffen dieses Hamsterrad selbst, indem wir immer mehr tun, um die Anerkennung zu bekommen, nach der wir uns als kleines Kind gesehnt haben. Deshalb können auch so schlecht „Nein“ sagen, denn wir wollen alle um uns herum glücklich machen. Andere Faktoren sind der innere Richter, der innere Druckmacher und der ewige Kritiker. Und um all das kennen zu lernen, müssen wir erst einmal gegen die
 Wand fahren. Dazu eignen sich Bandscheibenvorfälle und Burnout. Nun haben wir im Äußeren größere Anforderungen und gleichzeitig zwingt uns der Körper zur Besinnung und Entschleunigung. Vor allem Männer sind hier stark gefährdet: Sie müssen draußen den taffen Typen spielen, daheim den Partner und Vater. Doch sie selbst als Mann finden gar nicht statt, bleiben auf der Strecke. Keiner hat ihnen gesagt, dass sie etwas für ihr Energiemanagement und ihr Herz tun müssen. Dass es wichtig ist, sich Zeit für sich zu nehmen, die eigenen Bedürfnisse auszuleben. Falls sie das nicht tun, zieht der Körper irgendwann die Notbremse und zwingt sie zur Ruhe. Notfalls in der Klinik.”

Was tue ich, um nicht gegen die Wand zu fahren?
“Es geht darum, zum bewussten Schöpfer zu werden, zu reflektieren, was habe ich heute erlebt oder wie starte ich in den Tag. Wo war ich heute bei mir, wo weg? Wie verbringe ich meine Freizeit. Und ganz wichtig: Sich Auszeiten zu verschaffen – Zeit, nur mit sich allein zu verbringen. ”

Eine andere Frage: Wie gehe ich mit stressigen Zeitgenossen um?
“Jeder Mensch, der in mir unangenehme Gefühle  auslöst, ist für mich da, damit ich sehe, wie Leben funktioniert. Die Anteile, die ich an einem anderen verurteile, habe ich selbst, ich will sie bei mir jedoch nicht akzeptieren.”

Nehmen wir eine konkrete Situation. Ich bin wütend, wie löse ich das auf?

“Zunächst einmal können Sie das Geschehen aus einer anderen Perspektive beobachten. Jede Begegnung, auch die schmerzhafteste, ist sinnvoll. Die Person, die Sie verärgert hat, ist ein Lehrmeister. Sie ermöglicht den Zugang zu verschütteten Emotionen. Die Wut, die Sie empfinden, ist eine alte, die schon lange da war. Das ist eine Art Weckruf: Schau Dir an, was gerade mit Dir passiert und geh in dieses Gefühl rein.”

Und dann?
“Setz dich hin, schließe die Augen und gehe dann nochmal in die Situation hinein und spüre, was geschieht. Jetzt bin ich jedoch kein Opfer, sondern ich schaue mir freiwillig meine Wut an. Ich sage mir: Du bist meine Wut. Ich bin bereit, dich zu fühlen. Dann atme ich tief und erforsche, wo genau ich meine Wut fühle: im Magen, im verspannten Nacken. Und nun gehe ich durch dieses Gefühl durch. Ich atme mehrfach, bis mein Magen nicht mehr brodelt und schaue weiter. Stück für Stück löse ich die Wut in meinem Körper auf. Dann gehe ich noch einen Schritt weiter und spüre die Person auf, die mich erstmalig wütend gemacht hat. Meist sind es  Vater oder Mutter. Und nun stelle ich mich auch dieser Wut, löse sie auf.”

Machen Sie das auch selbst?
“Ja. Ich vertraue der Führung meines Lebens - oder ich verrate mich selbst. So ging es mit damals. Ich stand ein Jahr lang kurz vor dem Suizid, dann traf ich eine Journalistin, die mir ein Buch über Reinkarnationstherapien gab. Seitdem hat sich mein Leben zum Positiven verändert. Es ist wirklich so, dass  dann, wenn alles dunkel ist, irgendwoher ein Licht kommt. Ich muss nur Vertrauen haben in den Fluss des Lebens. Es geht nicht darum, alles von einem Tag auf den anderen zu ändern, obwohl auch das eine Option ist. Transformation kann durchaus in kleinen Entwicklungsschritten stattfinden.”

Beruhigend.
“Man muss nicht gleich den Job kündigen, sondern kann schauen, was sich verändern lässt. Zum Beispiel auf 70 Prozent gehen, Ruheinseln einbauen. Schauen, was wirklich stört. Klarere Strukturen. Welche Faktoren stören, behindern mich? Sind es die zwischenmenschlichen?  Selbst erzeugte Hektik? Fehler im Selbstmanagement? Warum verliere ich mich? Nach der Analyse kann ich die Baustellen in Angriff nehmen.”

Und für diese Aufräumarbeiten brauche ich therapeutische Hilfe?
“Nein. Ich kenne viele Menschen, die nicht mal an einem Seminar teilgenommen haben. Mir ist es wichtig, Anstöße zu geben, die Hilfe zur Selbsthilfe zu vermitteln. Oft genügt die Bereitschaft zur Veränderung und viermal pro Woche eine Meditation. Bei sehr schweren Traumata empfehle ich allerdings eine Therapie, wir haben dafür speziell ausgebildete Leute.”

Sie haben geschrieben: Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit. Was meinen Sie damit?
“Ich meine damit, dass wir die Vergangenheit in uns immer verändern können. Dadurch, dass ich in bestimmte Situationen hineingehe, entsteht in mir ein glücklicher kleiner Robert. Ich kann ihm all die Liebe und Aufmerksamkeit schenken, die ihm Vater und Mutter nicht geben konnten. Das ist revolutionär. Der Verstand hält so etwas für unmöglich. Doch wir können sogar noch mehr! Vergangenheit ist nicht in unseren Fotoalben, sondern von A bis Z in uns gespeichert. Wenige Meditationen oder Rückführungen genügen. Mitfühlen, unserem kleinen Kind sprechen, es annehmen. Versöhnung mit den Eltern.... Alles ist möglich. Schritt für Schritt wird Heilung möglich. Alte Verstrickungen auflösen.”

Warum tun wir das, was wir tun, wenn wir wissen, dass es nicht gut für uns ist?
“Indem wir uns unseren Gefühlen stellen. Statt beispielsweise abends den Fernseher anzuschalten, weil man unruhig ist und sich betäuben möchte, nimmt man die Unruhe an, schaut nach, was sich dahinter verbirgt. Und falls dann noch der Wunsch besteht, einen Film zu schauen, macht man das bewusst und mit Vergnügen. Tu das, was du tust, weil du es tun willst und tue es mit Liebe”

Wie meditiert Robert Betz?
“Meditation: erster Satz: alles in mir darf jetzt da sein. Fühlen, was im Körper  passiert. Es ist eng, unruhig, schwer, druckvoll, angespannt, verspannt. Kälte Füße, interessant. Am besten fangen Sie mit den Füßen an und gehen dann hoch. Alle Enge in mir, alle Kälte darf jetzt da sein. Und erst danach versuche ich das grundlegende Gefühl aufzuspüren. Ist da Freude oder das Gegenteil? Vertrauen oder Angst? Frieden oder Unruhe? So werde ich zum Forscher meines Körpers. Wahrnehmen, bejahend annehmen, fühlen. Etwas Lichtarbeit mit silbernem und violettem Licht. Und in 20 Minuten haben Sie sich ein großes Geschenk gemacht. Und wer es ganz besonders gut mit sich meint, führt morgens eine Besinnungslos-Meditation durch. Bewusstheit und Genuss sind die Schlüssel zu einem guten Tag.”

Ihrer Meinung nach ist Liebe ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben. Doch was tun, wenn ich mich selbst nicht lieben kann?
“Zunächst geht es um ehrliche Akzeptanz. Dann im nächsten Schritt darum, zu erkennen, dass man zu jederzeit sein Bestes gegeben hat. Wenn wir unser Herz nicht für die Liebe öffnen, können wir uns nicht weiter entwickeln. Selbstliebe wird jetzt extrem wichtig. Wer das nicht versteht, bekommt die Auswirkungen zu spüren. Wir sind in der Hochzeit der Transformation. 2013 ist ein Schlüsseljahr.”

Wie finde ich meine persönliche Bestimmung und wie haben Sie die Ihre gefunden?
“Führung des Herzens. Das weiß genau, wo wir hinwollen im Leben, kennt unser gesamtes Potential. Dem Nachgehen was Freude macht. Ehrlich zu sich selbst und beharrlich sein. Sich für neue Herausforderungen öffnen. Oder für neue Zusammenarbeit. Dinge auf den Prüfstand stellen. Stimmt mein Beruf, meine Partnerschaft, Wohnung, Freunde? Fühlt sich das rund und erfüllend an? Und den Mut aufbringen, die anderen über uns denken zu lassen, was sie wollen. Wer etwas tut, um anderen zu gefallen, spielt das Opferspiel. Dabei verliert man sich und findet seine Berufung nicht. Wir alle wollen glücklich sein, dazu müssen wir notfalls bereit sein, den alten Kurs zu korrigieren und vom Opfer zum Schöpfer werden. Von Unbewusstheit zur Bewusstheit. Und anfangen, uns selbst zu lieben. Vom Unterdrücken der Gefühle zum Bejahen. Es geht nicht darum, Vieles zu tun. Eigentlich ist das Angekommen bei sich selbst ganz einfach.....ich weiß nicht, wohin mein Herz mich hinführt, ich weiß nur, es ist spannend und schön.“