Wollen wir normal sein oder glücklich? „Glücklich“ entschieden rund 600 Menschen im Kornhaus und holten sich richtungsweisende Impulse von Robert Betz. Er ermutigt zum Aufbruch in ein neues Leben.
von Brigitte Scheiffele
Ulm. „Freude, Begeisterung, Erfüllung und Gesundheit erlangt nur der Mensch, der den Mut hat, seinen ganz eigenen Weg zu gehen.“ Das sagt Robert Betz. Psychologie und Sozialpädagogik hat er studiert, fühlt sich nach dem Studium zu jung für die psychotherapeutische Arbeit, geht mit 28 Jahren in die Wirtschaft, wird von einem amerikanischen Industrieunternehmen zum „Vice President Marketing Europe“ ernannt und steigt mit 42 Jahren aus. Komplette Lebenswende. Ein Psychologe mit Angstattacken, für die er aber keinen richtigen Therapeuten findet: „Ich wollte mit dem Auto an den Brückenpfeiler, aber dafür war ich zu feige. Gesprächstherapie bei Attacken – na vielen Dank!“, bekundet er 600 Leuten im Kornhaus, davon viele aus dem alternativaber auch schulmedizinischen Bereich.
Der begnadete Rhetoriker plaudert aus dem Nähkästchen, wirkt authentisch, die fallende Stecknadel wäre zu hören. Zweieinhalb Stunden ermutigt der Rheinländer zum Aufbruch in ein neues Leben – und der scheint gar nicht so schwer zu sein. „Die meisten Menschen leben nicht präsent, sondern schlafen“, sagt er. „Wir glauben, alles Unangenehme muss weg. Aber nur der Weg nach innen erlaubt uns die Signale des Körpers wahrzunehmen“, führt er an. Er glaubt an keine Zufälle und betont, das Leben sei durch und durch verstehbar, nur nicht auf den ersten Blick. Die Innenwelt bestimme die Außenwelt, deren kreativer Schöpfer der Mensch allein sei. „Fragt doch mal nach, warum ihr bestimmte Dinge immer wieder erlebt?“, fordert er, gibt Beispiele, spiegelt Ereignisse. Die Stimmung ist heiter.
Betz entwickelte einen eigenen psychotherapeutischen Ansatz: „Die Transformations-Therapie“, beruhend auf einer christlich-spirituellen Ausrichtung. Seit 2002 bildet er jährlich in einer eigenen psychotherapeutischen Schule rund 180 Therapeuten aus. Seine Seminare sind so ausgebucht wie seine Vorträge, die er zu den zentralen Fragen und Themen des menschlichen Lebens hält. Rund 25 000 Menschen erreicht er damit jährlich mit steigender Tendenz. „Vor elf Jahren habe ich vor 60 Leuten in Ulm gesprochen, heute sind es 600“, bemerkte er. Betz leitet zudem rund 70 Seminare pro Jahr, ermutigt seine Zuhörer, Vorträge und Meditationen auf CDs zu kopieren und zu verschenken, veröffentlichte sieben Bücher und steht mit seinem aktuellen Titel „Willst du normal sein oder glücklich“ auf der Spiegel-Bestsellerliste. Am Dienstag hat er den Löwen in einigen Menschen jedenfalls sichtbar erweckt, der sie im Kampf auf dem eigenen Weg in ein freies Leben unterstützen könnte.
Dieser Artikel wurde in der Südwestpresse Ulm veröffentlicht, Ausgabe zum 16. Februar 2012.