Viele Menschen fragen sich, was in unserer Welt nicht (mehr) in Ordnung ist, warum sie scheinbar aus den Fugen gerät und warum so viele Menschen nicht in ihrer Mitte sind und ausgeglichen, gelassen, mit frohem Herzen durch ihr Leben gehen. Die Krisensymptome, die jetzt vermehrt auf den vier 'Bühnen' menschlicher Körper, Psyche, Frau-Mann-Beziehung und Wirtschaft auftauchen, haben die gleiche Ursache. Es ist das Ungleichgewicht in unserer Sicht und Würdigung der weiblichen Kräfte im Vergleich zu den männlichen.

Es geht nicht vordergründig um das Verhältnis zwischen Männern und Frauen oder um die Frage, wie viel Macht und Einfluss die Frau in unserer Gesellschaft hat oder haben sollte, sondern es geht um die Würdigung des weiblichen Prinzips schlechthin.
Wichtiger ist die Frage, auf welche Weise Frauen wie Männer sich selbst in ihrem Leben diesen beiden Kräften stellen bzw. wie beide sowohl das männliche als auch das weibliche Prinzip leben. In den letzten Hunderten von Jahren, spätestens seit der Zeit der Aufklärung, in der der Vernunft und dem Denken die Krone aufgesetzt wurde, hat der Mensch sich mehr und mehr eine einseitig männliche Art zu leben angewöhnt, was uns heute Krisen in allen Bereichen des Lebens beschert.

Diese männliche Art ist geprägt durch die Dominanz des Denkens, des rationalen Verstandes. Mit ihm betonen wir das Tun, Machen, Arbeiten, Ziele verfolgen, Kontrollieren, Anstrengen, Wachsen usw., während wir das Ausatmen, Entspannen, Genießen, Spielen, Träumen, Geschehen lassen, Vertrauen usw. abwerten und ihm in Folge dessen wenig Raum in unserem Leben geben. Diese Unbalance hat in Frauen und Männern, in unseren Partnerschaften sowie in unseren Firmen zu zunehmendem Chaos, zu Hektik und Reibung geführt. Wir haben darüber den Sinn unseres Tuns und Daseins als Menschen aus den Augen verloren. Das Machen, Tun und Streben nach mehr Materiellem, das Wachstum um des Wachstums willen, hat sich bei vielen Menschen und in vielen Firmen verselbständigt.

In den letzten gut dreißig Jahren, seit der sog. Frauenbewegung, haben sich insbesondere Frauen einseitig auf einen männlichen Weg begeben und kollektiv den Weg abgelehnt, den ihre Mütter ihnen in Kindheit und Jugend vorlebten, die sich für die Familie aufopferten, sich selbst nicht wichtig nahmen und ihre Kinder durch ihr Leiden, Jammern und Klagen belasteten und in ihnen Schuldgefühle auslösten. So entschieden sich die Töchter: "Ich will es anders machen als meine Mutter!" Etwas anders machen zu wollen als jemand, führt jedoch noch nicht zu einem besseren Ergebnis, denn was du ablehnst, zu dem wirst du. Als Ergebnis dieser Entscheidung haben wir heute Frauen, die in der Mehrzahl ein männliches Leben leben und die Hosen angezogen haben. Ihr Wunsch war, sich aus der Abhängigkeit vom Mann zu befreien. Sie haben zunehmend Erfolg im eigenen Beruf, verdienen ihr eigenes Geld und haben zu mehr Selbstbewusstsein gefunden. Das ist zu begrüßen, aber die Art und Weise, wie sie leben, hat viele Frauen in eine Sackgasse geführt.
Viele von ihnen sind innerlich hart geworden und haben zu ihrer Weiblichkeit und ihrem Körper eine ablehnende Beziehung entwickelt. In Folge dessen zeigen ihre Körper in den letzten Jahren die Spuren dieser Entwicklung und erkranken zunehmend an den weiblichen Organen, Brüste, Gebärmutter und Eierstöcke, und erschaffen sich unbewusst eine Krebserkrankung.

Die Männer andererseits sind zunehmend verunsichert über den Weg, der zu einem glücklichen, selbstbewussten Mann-Sein führt, sind innerlich meist heftig mit der Mutter ihrer Kindheit verstrickt und befinden sich körperlich und psychisch vermehrt in einer Krise. Sie versuchen, das Männliche einseitig zu leben, indem sie arbeiten, durchhalten, ihre Pflicht erfüllen, die Symptome ihrer Körper ignorieren und so landen viele in Depression oder Burnout und leiden an übersäuerten Körpern, Rückenschmerzen, Gelenkserkrankungen, Herzinfarkt oder anderen Symptomen.

Beide, Frauen wie Männer, werden jetzt schmerzhaft durch Krisen und Krankheiten auf das große Ungleichgewicht hingewiesen, das sie in ihrem Leben zwischen dem männlichen und weiblichen Prinzip erschaffen haben. Ein Grundgesetz der Natur besagt, dass jedes Energiesystem nach Ausgleich strebt. Dieses Gesetz haben Männer wie Frauen jetzt über lange Zeit ignoriert, ebenso wie die Führung unserer Firmen es getan hat.

Wir werden jetzt aufgefordert, der weiblichen Kraft in uns und unseren Leben wieder Raum zu geben. Das Weibliche betrifft vor allem unsere Innenwelt und hier besonders unser Herz und unsere Gefühle. Es wünscht sich, dass wir der Aktivität im Außen sowie dem Denken wieder einen Gegenpol bieten, indem wir nach innen gehen und der Besinnung, dem Fühlen,der Entspannung, der Intuition, dem Horchen auf die Stimme unseres Herzens und derHingabe an und dem Vertrauen zum Leben selbst wieder Gewicht geben.

Unser Verstand besitzt nicht die Kompetenz, uns in ein glückliches, sinnerfülltes Leben in einem gesunden Körper und in liebevollen Gemeinschaften zu führen. Dieses Wissen besitzt nur unser Herz.

Besonders die Frauen, die die weibliche Seite des Lebens verkörpern, werden sich daran erinnern dürfen, dass Weiblichkeit keine schwächere Kraft ist als das Männliche. Wohl hat es viel damit zu tun, sich seinen Schwächen, seinen Gefühlen, seiner Angst, seiner Ohnmacht und anderen Gefühlen zu stellen, diese bejahend zu fühlen und sie verwandeln, um hieraus gestärkt hervorzugehen.
Weder die Frau noch der Mann ist ein starker Mensch, der seine Gefühle verdrängt und ablehnt.

Der stärkste Mensch ist der, der keine Angst vor seinen so genannten schwachen Seiten hat und der ein offenes Ohr für die Stimme seines Körpers und seiner Seele hat und ihr folgt.

Viele Frauen haben ihr Leben zu einem Kampf gemacht. Wer aber glaubt kämpfen zu müssen, dem schickt das Leben etwas zum Kämpfen. Mit der weiblichen Kraft hat Kämpfen nichts zu tun. Die kämpfende Frau (egal, ob sie für etwas oder gegen etwas kämpft) entdeckt jetzt, dass sie gegen sich selbst gekämpft und sich selbst in hohem Maße verletzt hat. Das betrifft sowohl die Frauen, die es ganz anders machen wollten als ihre Mütter als auch die beträchtliche Zahl von Frauen (schätzungsweise 20-30 Prozent), die "eigentlich ein Junge" werden sollten. Zusammen stellen beide Gruppen die Mehrzahl aller Frauen.

In diesen, wie in jeder Frau, ist die weibliche Urkraft ungebrochen vorhanden und zu ihr suchen jetzt viele Frauen wieder Zugang zu bekommen. Aber allein durch den Besuch von YogaKursen wird dies nicht gelingen. Wenn eine Frau tagsüber ein männliches Leben lebt, sich hetzt, anstrengt und kämpft, kann der Yoga-Kurs am Abend dies nicht ausgleichen.

Yoga ist eine Bewusstseinshaltung, in der Achtsamkeit und die lebendige Verbindung von Körper, Geist und Seele im Mittelpunkt stehen und das will durchgängig am Tag gelebt sein, auch in einem männlichen Beruf.

Die Frau, als erste Repräsentantin des weiblichen Prinzips, als Trägerin dieser weiblichen Urkraft, die in jeder Frau steckt, wird sich in diesen Jahren wieder dieser ganz eigenen Stärke in sich bewusst werden.
Die Frau repräsentiert die Liebe des Göttlichen, während der Mann für das Licht steht. In der Beziehung zwischen Frau und Mann begegnen sich Liebe und Licht. Aber nur die Frau, die sich ihres weiblichen Schatzes, der Liebe in ihr bewusst wird und sie sich zunächst selbst schenkt, ist die strahlende und gesunde Frau. Und der Mann kann nur wirklich bei der Frau landen, das heißt ankommen, die in dieser sich selbst bewundernden Weise bei sich selbst angekommen ist.

So suchen jetzt vermehrt Frauen, besonders die, die ihren Körper durch ihre Ablehnung des Weiblichen an den Abgrund gebracht haben, wieder den Weg zu einem weiblichen Bewusstsein und Leben zu finden. Dies gelingt sowohl durch den Weg nach innen und damit zu sich selbst als auch über den gemeinsamen Weg mit anderen Frauen.

Die Frau findet den Zugang zu ihren weiblichen Kräften nicht über den Mann, sondern nur mit einem guten Abstand zum Mann. Sie beansprucht Zeit für sich, geht nach innen und prüft ehrlich, wo es in ihr und ihrem Leben nicht fließt und nicht rund läuft.

Die Frau ist von Natur her die Fließende. Nicht nur ihr Blut fließt alle vier Wochen, auch das Fließen der Gefühle und der Liebe, das Lieben selbst ist ihre Domäne. So nimmt sich die bewusst werdende Frau Zeit für den Weg nach innen, für Besinnung, Meditation und das Lauschen auf das, was ihr Herz ihr flüstert.
Sie nährt sich und ihre Seele mit Musik, Tanz, Gesang, berührender Literatur oder Tagebuchschreiben und dem mutig-ehrlichen Erfahrungsaustausch mit ihren Schwestern. Sie gönnt sich den Genuss des "waagerechten Prinzips" bei Massage, Sauna, in der Wanne und im Bett und macht ihren weiblichen Körper zu ihrer Partnerin oder besten Freundin.
Und auch bei der Arbeit mutiert sie nicht zum Mann-Weib, sondern bleibt im Kontakt mit sich und ihrem Innern, hält ihr Herz und ihre Sinne offen für die Signale des Lebens um sich und gestaltet den Tag mit Bewusstheit, Achtsamkeit, Selbstzentriertheit und Genuss.

So wie Männer jetzt dringlich ihren Weg zu einem gesunden, glücklichen Mann-Sein suchen und sich hierbei dem weiblichen Prinzip öffnen werden, so gehen viele Frauen in dieser Zeit der großen Transformation jetzt den Weg zurück zu ihrem Ursprung, zur Göttin in ihr.

Diese Frauen werden sich nicht mehr als Opfer fühlen wie ihre Mütter, sondern ihre SchöpferVerantwortung für die Erschaffung und Gestaltung ihres Lebens freudig in die eigenen Hände nehmen. Sie werden es nicht mehr in langweiligen, erstarrten Beziehungen zu Männern aushalten und aufhören, sich ständig in deren Angelegenheiten einzumischen.
Sie werden mit anderen Frauen in einem lebendigen Kontakt stehen, sich selbst lieben, ehren und bewundern in ihrer Schönheit und Kanal sein, für die weibliche Kraft des Göttlichen. Auf diese Weise wird sie sehr zu einer neuen Erde und einer Menschheit in liebenden Gemeinschaften beitragen.

Dieser Artikel wurde im Magazin "Elexier", Ausgabe Mai - Juli 2011, veröffentlicht.