Der Schlüssel für ein erfülltes Leben liegt in uns – und nirgendwo sonst. Genau das ist die Botschaft von Robert Betz.
FÜR SIE-Autorin Frauke Döhring über den Glücks-Coach und die Entdeckung der inneren Stärke.

Der große Saal ist aus verkauft, auch auf den Treppenaufgängen links und rechts sitzen Leute. Dennoch ist es absolut still, kein Hüsteln, kein Flüstern. Robert Betz, der Mann auf der Bühne, hält sein Publikum in Bann, ein freundlicher Mann Ende 50,mittelgroß, rasierter Kopf, schwarze Brille, leger gekleidet in roter Hose und gestreiftem Hemd. Auf den ersten Blick sieht man nichts Sensationelles an ihm, aber Betz ist ein geübter Redner, sein Vortrag macht Spaß: Er betont die Worte mit fliegenden Händen und seinem ganzen, beweglichen Körper. Und er nimmt kein Blatt vor den Mund, im Gegenteil: „Willst du normal sein? Oder glücklich?“, fragt er provokant ins Publikum.

Und geht noch weiter: „Die meisten Menschen leben ihr Leben nicht richtig, sie verschlafen es, angepasst wie Schafe in der Herde, weil die Gesellschaft sie so dressiert hat, als sie klein waren.“ In jedem Säugling, da ist er sicher, stecke aber ein Löwe: eine Persönlichkeit mit Impulsen, Wünschen, eigenem Willen, voller überbordender Liebe, Talent und Tatendrang, bestimmt für ein Leben voller Glück. Aber weilschon die Eltern als Kinder dressiert wurden, geben sie das Erlernte weiter. Und so, sagt Betz, werden aus Löwen Schafe: unauffällig, freudlos, angepasst und ängstlich. Schafe, die ihre Gefühle und Wünsche ständig unterdrücken. „Ja, ich frage Sie: Warum lieben wir Pippi Langstrumpf?“ Blitzschnell rutscht er in die Rolle einer kreischenden Göre, dann wird er ernst: „Weil sie die wilde Löwenseite in uns verkörpert. Aber fragen Sie mal Eltern, ob sie sich eine Pippi Langstrumpf als Tochter wünschen!“ Großes Gelächter im Saal.

Robert Betz, 59, ist ein Phänomen. Seine Bücher sind Bestseller, seine Vorträge ausgebucht, seine Website wird täglich tausendfach angeklickt. Ganzoffensichtlich trifft er mit dem, was er sagt, einen Nerv der Zeit. Auch wenn das erst mal unangenehm ist. Wer will schon hören, dass er als Schaf in einer Schafherde lebt? Aber Betz sagt eben auch, wie man das ändern kann. Und dabei beruft sich der katholisch geprägte Diplom-Psychologe letztlich auf uralte christliche Werte. Liebe ist sein Schlüsselwort! Betz ist überzeugt: Das Kind, das sich damals danach sehnte, so geliebt zu werden, wie es ist, dieses Kind sitzt nach wie vor lebendig in uns. Und wenn wir unser Kind von damals wieder lebendig werden lassen, dann entfalten wir unsere Löwennatur und haben die Chance auf ein erfülltes, individuelles und bejahendes Leben. Müssen wir dafür denn jahrelang Therapiemachen? Nein, sagt Betz, es geht einfacher: „Wir müssen uns mit uns selbst, unserem ganzen bisherigen Leben und unseren Eltern aussöhnen.“ Um das zu erläutern, greift er zu einem Bild: „Ich lade Sie ein, sich nackt vor den Spiegel zu stellen und zehn Minutenlang anzuschauen. Was denken Sie dabei? „Du wunderbarer Mensch, ich ehre und liebe dich, wie du bist?‘ Nein, die meisten denken bestenfalls: „Oh Gott!‘“, sagt er ironisch – und erntet natürlich wieder ein paar Lacher. Man kann sich eben leicht wieder finden in dem, was er da beschreibt. Den meisten Menschen ist gar nichtklar, wie sehr sie sich selbst verurteilen– laut Betz der größte Fehler: „Denn wenn du über dich nicht gut denkst, steht auf deiner Stirn geschrieben: „Mit mir kann man es machen!‘ Eine Aufforderung an alle, dich auszunutzen.“ Das leuchtet ein. Und auch, dass sich die Dinge nur ändern können, wenn man bei sich selbst anfängt.

Aber wie? Indem man anfängt, freundlich zu sich selbst zu sprechen, empfiehlt der erfahrene Coach. Etwa so: „Ich habe es immer so gut gemacht, wie ich konnte. Ich habe oft unbewusst gehandelt und mich dabei selbst verletzt. Dies vergebe ich mir heute und verspreche mir, nun gut für mich zu sorgen.“ Denn wer sich selbst nicht liebt, belastet auch seine Kinder, weiß der Psychologe. Kinder spüren instinktiv, wie es Mama geht. Geht es ihr schlecht, fühlen sie sich schuldig. Geht es ihr gut, sind sie entlastet. Für Robert Betz sind die meisten Erwachsenen – Frauen und Männer – immer noch unbewusst verstrickt in die alten Normen, die sie als Kind verinnerlicht haben. Und dadurch auch in höchst ambivalente Gefühle den Eltern gegenüber. Diese geben sie weiter an ihre Kinder – ein endloser Kreislauf. Auch hier rät er zum Weg der Aussöhnung; nur so kann der Platz frei werden für Neues. „Denken Sie daran, Ihre Eltern konnten es nicht besser. Darum gilt es, ihren Weg zu ehren und zu achten: „Ich danke euch dafür, dass ihr mir das Leben geschenkt habt. Und mit eurem Erbe in mir gehe ich jetzt meinen ganz eigenen Weg.“ Selbstliebe, Versöhnen, Achtsamkeit – es sind uralte Tugenden, die Betz lehrt. Nur kommen sie bei ihm ganz undogmatisch daher, ohne Forderungen oder Gebote. Kein Wunder, dass seine Worte ganze Biografien umgedreht haben (siehe Kästen). Und vielleicht ist er auch deshalb so glaubwürdig, weil er selbst ein Beweis ist für die Kraft seiner Thesen. Der frühere Topmanager stieg mit Mitte 40 aus der Jobmühle aus, nach Panikattacken und Krankheit. Er wagte den radikalen Schnitt und fand seine Berufung. Heute macht er allen anderen Mut: „Wenn dich Leute nicht mehr mögen, weil du plötzlich gut zu dir selbst bist, haben sie dich nicht verdient. Du wirst neue Menschen anziehen. Freue dich auf sie.“

Vom Burnout zum Lebens-Coach

1953 im Rheinland geboren, absolvierte Robert Betz nach kaufmännischer Lehre das Studium der Psychologie und Sozialpädagogik, arbeitete als PR- und Marketing- Manager. Mitte der 90er-Jahre war er ausgebrannt und krank; er kündigte, zog nach München, beschäftigte sich mit verschiedenen Therapieformen und begann, Vorträge zu halten. Heute füllt der Lebens-Coach Säle in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er gibt Seminare, schreibt Bestseller, bildet Therapeuten in der von ihm entwickelten Transformationstherapie aus und baut ein Seminarzentrum auf der griechischen Insel Lesbos auf. Robert Betz ermutigt dazu, einengende Denk- und Lebensmuster zu erkennen, zu verändern, sich mehr zuzutrauen: Gehe deinen eigenen Weg!

„In nur zwei Jahren habe ich mein Leben umgekrempelt“

ANDREAS TRITSCHELER (39) aus Passau.

Der gelernte Koch zog der kranken Mutter zuliebe ins Elternhaus zurück – und wurde selbst krank Wer bis zu 16 Stunden täglich in der Gastronomie arbeitet, kommt kaum zum Nachdenken. Job, Essen, Frauen, mehr interessierte mich lange nicht. 2002 bat mich meine Mutter nach dem Tod meines Vaters, wieder zu ihr zu ziehen. Von nun an regelte ich ihre Hausverwaltungen, rutschte in die Rolle des Sohns, ja, des Ersatzpartners. Wie schlecht es mir ging, spürte vor allem mein Körper: Als meine Mutter vor zwei Jahren verstarb, war ich fast taub geworden, hatte schmerzende Gicht und 60 Kilo Übergewicht – aus Frust. Auf der Suche nach einer Diät stieß ich auf die CD Runter von den Pfunden von Robert Betz. Ich erkannte, wie fremd ich mir war, wie sehr ich mich verleugnet hatte. Eine Befreiung!

Bis heute habe ich 25 Kilo abgespeckt, Seminare besucht, mich zum Transformationstherapeuten ausbilden lassen. Heute spüre ich meine Gefühle. Auch die Trauer um meine Eltern fand ihren Platz. Derzeit baue ich im Internet einen spirituell orientierten Channel auf, a-t.tv, mit Seminaren, Votings, Live-Chats. Dabei wird es auch um die Wirkung von Nahrungsmitteln auf den Geist gehen. Ich werde also wieder kochen, aber mit Genuss!

„Wie schön sich Glück anfühlt, weiß ich erst jetzt“

BEATE ABRAHAM (53) aus Bad Füssing bei Passau ist Integrations-Beraterin.

Tagsüber leitete sie einen Kindergarten, nachts litt sie unter Panikattacken. Ich habe 30 Jahre in der DDR gelebt. Mein Leben sah aus wie die Häuser dort: grau in grau. 6.30 Uhr zur Arbeit, abends heim, fernsehen, ins Bett – dann kamen die Panik attacken!

Beruhigungsmittel halfen nicht, längst hatten mein Mann und ich uns auseinander gelebt. Meinen Körper versteckte ich in sackähnlichen Kleidern. Halt fand ich nur im Beruf als Leiterin eines Kindergartens. Als Mädchen hatte ich Psychologie studieren wollen, war aber der Familie zuliebe in Chemnitz geblieben. 2004, die Töchter waren groß, hielt ich es nicht länger aus. Ich ließ mich scheiden, packte mein Auto, fuhr nach Bamberg.

Endlich konnte ich meinen Traum verwirklichen, machte die Ausbildung zum Psychotherapeuten nach dem Heilpraktiker-Gesetz. Eine Stelle an einem Heim für schwer erziehbare Jugendliche brachte mich ganz in den Süden. Bei mir angekommen war ich noch immer nicht. Erst als ich nach einem Auto-Unfall daheimbleiben musste, mich nicht ablenken konnte durch Arbeit, hörte ich das Geschenk einer Freundin, die Betz-CD Angst, Wut, Schmerz u.a. in Freude verwandeln. obwohl psychologisch geschult, hatte ich nie zuvor so klar erkannt, was mir fehlte: Liebe zu mir selbst. 2009 besuchte ich das erste Seminar. Seitdem wird mein Leben von Tag zu Tag schöner. Die Panikattacken sind weg, jeden Tag beginne ich mit Meditieren. Ich freue mich an meiner Weiblichkeit, habe eine neue Beziehung gefunden. Und seit einem Jahr einen Job, der wirklich zu mir passt.

„Ich habe ganz von vorn anfangen müssen – und gewonnen“

ALEXANDRA PAULI (43)

Scheidung, Krebs, Umzug: Die Geschäftsführerin einer SB-Bäckerei bei Düsseldorf erlebte, wie ihre Existenz zerfiel Mann weg.

Stieftochter weg. Wohnung weg. Gesundheit kaputt – schlimmer kann’s nicht kommen, dachte ich vor drei Jahren. Ich war so wütend auf meinen Ex-Mann, zumal wir über die Bäckerei auch beruflich verbunden waren. Selbst diese letzte Basis schwankte. Und doch spürte ich, dass so eine Krise ein Signal ist, auf die Suche zu gehen – nach dem, was mein Herz sich wirklich wünscht.

Es war kein Zufall, dass mir eine Freundin die CD Raus aus den alten Schuhen! schenkte. Nach dem Besuch eines Betz-Vortrags begann ich, den verdrängten Themen meines Lebens auf die Spur zu kommen. Vieles hat sich geheilt in mir: Ich wohne wieder in einer wunderbaren Umgebung, die zu mir passt; ich habe meine kleine Hundedame Mala an meiner Seite, im Geschäft gehen wir offen und warmherzig miteinander um, mit meinem Ex-Mann bin ich versöhnt. Den Krebs konnte ich annehmen, erkennen, was er mir sagen wollte, ihn heilen und gehen lassen. Und ich habe meine spirituellen Wurzeln wiedergefunden, bin bei mir angekommen, vertraue tief dem Sinn des Lebens.

Erschienen im September 2012 in FÜR SIE