„Was Spaß macht fühlt sich nicht wie Arbeit an“

Der Diplom-Psychologe Robert Betz zählt zu den erfolgreichsten Lebenslehrern und Autoren im deutschsprachigen Raum. Seine Arbeit ruht auf einer christlich-spirituellen Grundhaltung, sein zentrales Thema und Anliegen ist es, die Menschen daran zu erinnern, dass sie von Natur aus göttliche Wesen voller Liebe sind – vor allem und ganz besonders im Arbeitsleben.

Allegria: Sie werden später einen Vortrag im CCH halten und geben jetzt ein Interview – ist das ARBEIT für Sie?

Robert Betz: Nein, es macht Spaß, und was Spaß macht fühlt sich nicht wie Arbeit an. Ich kann heute, im Gegensatz zu früher, nicht mehr genau zwischen Arbeit und Freizeit trennen. Bei Terminen ist es natürlich nicht so, also würde ich mit einem Freund ein Bier trinken gehen, aber es macht trotzdem Freude. Ich bin auch neugierig, was Sie mich fragen werden, es macht Spaß, jemandem zu begegnen.

Allegria: Was verstehen Sie unter dem Begriff Arbeit?

Robert Betz: Arbeit ist die Grundeigenschaft, etwas zu machen, also jemand bekommt eine Idee, einen Impuls, was er tun könnte und setzt das dann um, einfach aus der Freude heraus. Ich finde, Arbeit ist etwas, zu der der Mensch natürlicherweise Lust hat. Der Mensch ist nicht dazu da, herumzusitzen. Das, was wir unter Freizeit verstehen, also Erholung, kann nur dann seinen Wert erhalten, wenn ich mich vorher auf etwas konzentriert habe, alleine oder mit anderen etwas erschaffen habe. Wir sind ja hochkreative, hochschöpferische Wesen und das heißt, aus diesem Schöpfertum sollen wir etwas machen. 

Allegria: Und wenn jemand den ganzen Tag stupide am Fließband steht?

Robert Betz: Der kann das auch mit großer Freude tun. Es geht nicht um die Frage, welche Arbeit man hat sondern mit welcher Einstellung man sie ausführt. Ich kann etwas mit Frust machen oder mit Hingabe. Ich kenne Kloputzer mit einem großen Lächeln und das zeigt mir, dass es das gibt. Ich kann Dankbarkeit entwickeln, dass ich eine Arbeit habe, auf der Welt bin und das jetzt mache, weil das jetzt gerade ist und stimmt. Mit diesem Job kann ich meine Miete bezahlen, meinen Kühlschrank füllen, mit Freude und so gut ich es kann, mit Achtsamkeit und mit Offenheit zu den Menschen. 

Allegria: Wie sehen Sie denn das Verhältnis zwischen Geld und Arbeit?

Robert Betz: Zwischen Geld und Arbeit gibt es kein Verhältnis, nur zwischen Mensch und Geld und Mensch und Arbeit. Geld ist nichts weiter als ein Ausdruck von Energie, die fließt, ein Energiezeichen. Ich selber z.B. habe lange Zeit sehr wenig verdient, heute verdiene ich wesentlich mehr, investiere und freue mich, dass es dieses Geld gibt. Wenn jemand zu wenig verdient, sollte er über sein Verhältnis zu sich selbst nachdenken, was er über sich denkt, über Selbst-Wert-Schätzung. Wir geben den Ausdruck von Nicht-Wertschätzung in die Welt hinaus, auch in die Firma hinein. Wenn ich mich selbst nicht schätze, bekomme ich auch keinen Wert für meine Arbeit.

Allegria: Warum gehen so viele Menschen morgens mit Magenschmerzen zur Arbeit?

Robert Betz: Das hat mit der Arbeit wenig zu tun, sondern mit ihrem bisherigen Werdegang. Kinder fangen schon früh an zu erschaffen, sie denken ´hoffentlich schaffe ich das, Mama und Papa wollen bessere Noten sehen´. Und so erzeugt das Kind schon zu Beginn seines Lebens Trauer, Schuld, Angst und bekommt keine Anleitung, wie es diese Gefühle in den Fluss bringen kann, also verdrängt es und lernt, dass es selbst nicht in Ordnung ist. Das ist die erste Grundlage für Leiden im Leben am Arbeitsplatz. Wenn Menschen erfahren haben ´So kann man dich nicht lieben´, dann gehen sie, wie tausend andere auch, 25 Jahre später zu einer Arbeit und bringen unzählige Energiesäcke unwahrer negativer Gedanken mit hinein, wie ´Ich bin nicht in Ordnung´. Das heißt, sie kommen unzufrieden mit sich und den anderen zur Arbeit, geraten in Konflikte mit Mitarbeitern und Kollegen und das ist nicht erst beim Mobbing der Fall. 

Allegria: Aber was mache ich mit Vorgesetzen oder Kollegen, die mich den ganzen Tag schikanieren? Sie nennen die ja „Arschengel“…

Robert Betz: Ja, das ist genau der Chef, den man braucht, denn er drückt genau die Knöpfe. Wenn er seinen Mitarbeiter nicht sieht, nicht lobt, löst er, „der Arsch“, Ärger, Scham und Wut aus. Diese Gefühle waren aber schon vorher da. Darum ist dieser Chef ein Wegweiser zur Freiheit, ein Engel, ein spiritueller Führer. Es liegt nicht an dem Chef, dem Partner oder der Nachbarin, sondern daran, dass wir dahin geführt werden. Die Arschengel sind die wichtigsten Menschen in unserem Leben und so lange wir sie verurteilen, können wir keinen Gewinn daraus ziehen. Wenn wir nach innen gehen und denken: Mein Chef sollte mich sehen, loben, anerkennen, dann kann ich fragen: gebe ich mir das selber? Das ist die Kernfrage. Und wenn die Antwort NEIN ist, dann frage ich: warum soll der Chef das tun? Alle unsere Mitmenschen sind Spiegelfiguren für das, was wir eigentlich auch sind aber glauben nicht zu sein, oder sein wollen. 

Allegria: Sie sind sehr erfolgreich. Haben Sie immer Ziele, die Sie sich setzen?

Robert Betz: Nein, denn Ziele kommen aus dem Kopf. Ich habe keine Ahnung was morgen ist, ich habe so viele Ideen. Ich bin auch nicht ehrgeizig. Dieser Erfolg ist so lange gewachsen, ich mache das, was mir Freude macht, wie zum Beispiel Bücher schreiben. Wie viele davon ich dann verkaufe, das liegt doch in Gottes Hand, nicht in meiner. Ich kann immer das Beste geben, und das mit Freude machen, und dann schauen wir mal…

Allegria: Vielen Dank für das Interview. Und, war das jetzt Arbeit?

Robert Betz: (lacht) Nein, es war sehr schön.

Interview von Britta Beckmann für das Allegria Magazin