Fürchtet euch nicht!

Was stützt dich von innen, wenn die Sicherheiten im Außen bröckeln

Die Angst geht wieder um in Deutschland und viele Menschen fühlen sich ihr hilflos ausgeliefert. Ob Schweinegrippe, Klimakatastrophe oder die Schneekatastrophe, ob Wirtschaftskrise, Globalisierung oder Handystrahlen – wir Deutschen hegen und pflegen unsere Katastrophen und Ängste. Und die BILD-Zeitung marschiert mit ihrem jeweiligen Aufmacher-Titel als Verschrecker der Nation voran.

Ängste gehören zu uns Menschen wie andere Gefühle, aber wir scheinen seit der Steinzeit nicht viel dazugelernt zu haben, wenn es um den Umgang mit diesen Ängsten geht. Der Normalmensch verdrängt seine Ängste und lenkt sich gerne von ihnen ab. Wenn sie stärker werden, nimmt er gerne Pillen, bis sie sich zu Panikattacken ausweiten. Der Mensch ist im Weltall schon weit vorgedrungen und entdeckt immer neue Sterne im Außen, aber bei der Suche im All seines Innern, steht er ratlos vor den einfachsten Erscheinungen des Menschseins, besonders, wenn es um seinen Gefühle geht wie Angst, Wut, Trauer u.a.

Jetzt, in der Zeit zunehmender Unsicherheit in der Wirtschaft, nachdem ungeheure Geldsummen von Anlegern durch Börsen und Banken verspielt wurden, der Staat sich über alle Maßen verschuldet hat und die nächsten Blasen zu platzen drohen, steigt der Angstpegel in der Bevölkerung an. Viele spüren, irgendetwas muss geschehen. So geht das nicht lange gut.

Ich möchte den Leser einladen, sich um die „Klimakatastrophe“ seines Innenlebens zu kümmern. Die meisten Menschen haben noch nicht begriffen, dass jeder sein eigener Klima-Manager ist, der aufgefordert ist, selbst für Klarheit, Ordnung, Balance, Leichtigkeit, Freude, Vertrauen u.a. in seinem Innern zu sorgen. Stattdessen macht er sich lieber zum Spielball seiner Außenwelt und des durch die Medien inszenierten Massenbewusstseins.

Äußere Krisen sind ein Segen für Individuum und Menschheit

Die Unsicherheit im Außen ebenso wie der Verlust äußerer Sicherheiten und Werte sind ein Segen für uns, auch wenn das nicht sofort sichtbar ist. Denn sie decken unmittelbar auf, wie es in uns aussieht. Sie lösen Schrecken, Angst, Panik, Ohnmacht, Wut und Trauer in uns aus. Sie verursachen diese jedoch nicht, sondern sie lösen diese Emotionen aus, die seit vielen Jahren von uns selbst erzeugt, aber immer wieder nach innen verdrängt wurden.

Unsere Emotionen wie Ängste oder Trauer sind von uns erzeugte Energien. Wie erschaffen wir sie? Durch das Denken unwahrer Gedanken. Es sind vor allem unsere hintergründigen, meist unbewussten Gedanken über uns, über die anderen und über das Leben, die unsere innere emotionale, mentale und körperliche Wirklichkeit sowie unsere Lebenswirklichkeit im Außen erzeugen. Beispiele: Wenn es tief in mir Sätze denkt wie: „Ich habe viele Fehler gemacht. Ich hätte dies und jenes nicht so machen dürfen. Ich bin nicht gut genug. Ich muss besser werden.“ usw., dann erzeugen solche Gedanken in diesem Menschen Gefühle wie Scham und Minderwertigkeit.

Begegnungen mit anderen Menschen, z.B. mit selbst-bewussten oder autoritären Menschen bringen in jenem Menschen jetzt dessen Scham und Minderwertigkeitsgefühle nach oben. Dies empfindet er jedoch als sehr unangenehm und er tut alles, sie schnellstmöglich wieder nach unten bzw. nach innen zu verdrängen. Hierbei erkennt er nicht einmal, dass diese Gefühle seine eigenen Schöpfungen sind, die nichts anderes von ihm wollen, als von ihm bejahend gefühlt zu werden, damit sie seinen Emotionalkörper endlich verlassen können. Solche Gefühle sind Energien, die fließen wollen, wie jede Energie fließen will und nicht blockiert werden will.

Angst wird erschaffen und genährt durch Gedanken wie: „Ich könnte scheitern. Ich könnte versagen. Ich könnte verlassen werden. Ich könnte alles verlieren. Ich könnte krank werden. Usw.“ Und am Ende der Angst erzeugenden Gedanken steht meist der Gedanke: „Ich könnte sterben.“ Obwohl wir alle wissen, dass wir irgendwann einmal, vielleicht aber schon morgen, aus diesem Körper gehen, haben wir die größte Angst davor. Darum verdrängen wir die Angst vor dem Sterben mit allen Mitteln und machen uns die Tatsache der Begrenztheit des menschlichen Lebens in diesem Körper nicht bewusst.

Wenn die Schein-Sicherheiten im Außen weg brechen, dann entblößen sie uns; sie machen uns nackt. Sie nehmen uns unsere Spielzeuge, mit denen wir uns ablenkten von der Angst vor unseren eigenen Gefühlen. Ich bin überzeugt, dass wir mehr Angst vor unserer Angst, vor unserer Scham, Ohnmacht und Wut haben als davor, plötzlich ohne Hab und Gut im Außen da zu stehen. (Das, wovor ich Angst habe, ist im Innern immer schon da…- erläutern.)

Ich lade jeden ein, sich gerade in diesen Zeiten sehr bewusst und mutig anzuschauen, welche emotionalen Energien in ihm rumoren und nach oben drängen und sich ihrer endlich liebevoll anzunehmen, sie bejahend fühlen zu lernen und sie hierdurch zu transformieren.

Äußere Unordnung ruft nach innerer Ordnung

Je mehr unsere äußere Welt in Wirtschaft und Gesellschaft in Unordnung gerät, desto mehr ruft uns dies dazu auf, uns die Unordnung in unserem Innern anzuschauen und dort mit dem Aufräumen zu beginnen. Die Natur, das Universum ist immer in Ordnung. Die Welt des Menschen ist die einzige, die in Unordnung geraten kann, weil sie eine Scheinwelt ist und weil der Mensch das einzige Wesen ist, das die Freiheit hat, sich eine Scheinwelt der Unordnung zu erschaffen. Selbst ein Tsunami oder ein Hurrikan ist aus der Sicht des Universums vollkommen in der Ordnung und Harmonie des Ganzen. Selbst Sterne knallen manchmal auf einander. Will jemand dem Universum sagen, das sei aber nicht korrekt?

Ob es der Tsunami einer Weltwirtschaftskrise ist oder der eines Weltkrieges ist, sein erster Sinn besteht in beiden Fällen darin, alte, morsche Strukturen hinwegzufegen und einer neuen Ordnung den Weg zu bereiten. Darum empfehle ich uns allen, auch den radikalsten Veränderungen im Außen mit Zuversicht und Optimismus zu begegnen und neugierig zu beobachten, was da zu Ende geht und was da an Neuem beginnen kann…

Sowie hier im Außen eine neue Ordnung ermöglicht wird, fordert uns das Leben in solchen Zeiten wie diesen auf, radikal alles in unserem Leben in Frage zu stellen, was morsch ist, was keinen wirklichen Wert besitzt, was nur Schein ist.

Fragen wir uns also: Was ist es in meinem Leben, was eine ‚stabile Währung’ hat, was wirkliche Sicherheit bietet und  was wir dauerhaft unseren Besitz nennen können? Und was kann ich in mir und in meinem Leben finden, was schon lange seinen Wert verloren hat, was innen hohl ist.

Nehmen wir also die Zusammenbrüche im Außen nicht zum Anlass, selbst angstvoll und mutlos zusammenzubrechen, sondern als Zeichen und Aufruf zum inneren und äußeren Aufräumen, zu einem neuen Aufrichten und einer großen Aufrichtigkeit uns selbst gegenüber und zu einem aufrechten Gang durch unser Leben. Wie kann so etwas aussehen?

Untersuchung einzelner Lebensbereiche (Inventur)

Ich empfehle jedem, in diesen Wochen, Monaten und Jahren sich grundlegenden, heißt fundamentalen Aufräum- oder Sanierungsarbeiten in seinem Leben zu stellen (Sanieren heißt übrigens ‚Heilen’).

Untersuchen Sie jeden der folgenden Lebensbereiche daraufhin, ob Sie hier in der Balance, im Frieden, in Harmonie und in Freude sind oder anders gesagt: Fragen Sie sich eindringlich – mit Papier und Bleistift in der Hand: „Stimmt das, was ich hier lebe, wirklich mit meinem Herzen überein? Fühlt es sich stimmig an für mich? Bin ich mit und in diesem Lebensbereich im Frieden?“ Im Einzelnen: Wie sieht meine Beziehung zu mir selbst aus? Hat diese Beziehung einen besonderen, einen hohen Stellenwert in meinem Bewusstsein? Wo begegne ich mir selbst in Ruhe und Zeit und widme mich ganz mir selbst? Habe ich eine bewusste, liebevolle, unterstützende, ermutigende Beziehung zu mir selbst? Kann ich mich auf die Liebe zu mir selbst verlassen?

  • Wie sieht es in meinem Körper aus? Ist er gesund, beweglich und macht er mir große Freude? Und wie sieht mein Verhältnis zu ihm aus? Liebe ich ihn?
  • Wie sieht es in meinem Arbeitsleben aus? Liebe ich das, was ich tue und tue ich das, was ich zu tun liebe?
  • Wie sieht es in meiner Partnerschaft oder Ehe aus, falls ich eine habe. Ist diese Beziehung durch Offenheit, Herzlichkeit, Liebe geprägt? Lebt diese Beziehung oder ist sie schon eingefahren in Routine und Gewöhnung?
  • Wenn ich keine Partner-Beziehung habe? Habe ich dies bewusst gewählt? Bin ich damit im Frieden? Oder wünsche ich mir insgeheim doch einen Menschen, mit dem ich Nähe, Vertrautheit und die Freuden des Lebens teilen kann, ob in einer Wohnung lebend oder in zwei Wohnungen.
  • Wie sieht meine gelebte Sexualität aus? Gönne ich mir und meinem Körper die Freuden der Berührung, der Erregung, des Feuers, der fließenden Säfte? Und wenn nicht, verzichte ich hierauf aus Mangel an Gelegenheiten oder aus Ängsten oder alten Verletzungen heraus?
  • Wie friedlich, wie lebendig, herzlich sehen meine Beziehungen zu meinen Mitmenschen aus? (Nachbarn, Kollegen, Chefs, und zu den Menschen, die mir tagsüber begegnen beim Einkaufen, im Straßenverkehr oder wo immer).  Machen Sie bitte eine sog. Unfriedensliste und listen Sie hierin alle Menschen auf, mit denen Sie bis heute noch nicht im Frieden sind… (Leichen in meinem Keller)
  • Wie sieht insbesondere meine Beziehung zu meiner Herkunftsfamilie aus? Zu den Eltern meiner Kindheit, meinen Geschwistern, Großeltern, Tanten und Onkeln usw.? Wie viel verdrängten Ärger, Unfrieden, Wut, Trauer etc. rumoren hier noch in meinem Innern?
  • Wie sieht mein Verhältnis zu meiner gesamten Biographie aus, zu meiner gesamten Lebensgeschichte? Kann ich hierauf stolz und mit Freuden und Zufriedenheit zurückblicken und sagen: Mensch, das habe ich sehr gut gemacht. Dafür kann und will ich mich loben…


Wenn Sie das noch nicht können, empfehle ich sehr, einmal über eine Woche Ihre Lebensgeschichte in großen Zügen aufzuschreiben und dabei herauszufinden, wo noch Unfrieden, Groll, Hader, Scham, Schuld, Trauer, Wut oder gar Hass in Ihnen besteht – auf andere oder auf sich selbst. Eine sehr lohnende Inventur. Am Ende Ihres Lebens präsentiert Ihre Seele Ihnen den Film Ihres Lebens und dann haben Sie vielleicht nicht mehr die Zeit,  die Dinge ins Reine zu bringen.

All diese Fragen schriftlich zu klären, ist eine segensreiche Arbeit, deren Früchte unermesslich sein werden für die weiteren Jahre Ihres Lebens. Bring Ordnung in dein Leben! – im Innen wie im Außen. Den gleichnamigen Vortrag von mir empfehle ich Ihnen sehr als Unterstützung wie Motivation bei dieser Arbeit.

Diese Stunden der liebevollen Untersuchung all Ihrer Lebensbereiche wird vieles nach oben befördern, was lange verschüttet war, insbesondere alte, vor langer Zeit verdrängte Schmerzen und Gefühle. Wer glaubt, es sei besser, diese ‚alten Sachen’ doch auf sich beruhen zu lassen, der hat keine Ahnung von der menschlichen Psyche.

Denn alles, was Sie jemals an unangenehmem oder schmerzlichen Gefühlen nach innen verdrängten, wirkt jeden Tag auf Sie ein und Sie schleppen es als innere Lasten jeden Tag durchs Leben. Und unser physischer Körper leidet auch darunter, denn er muss das alles mittragen. Schauen Sie sich den Gang von fünfzig-, sechzig- oder siebzigjährigen Menschen an. Glauben Sie das sei natürlich, dass man so geht, wenn man so alt ist??? Am Gang eines Menschen kann man sehr genau ablesen, was dieser Mensch sich aufgehalst hat und was er denkt über das Leben und über sich selbst.

Rückbesinnung auf das Wesentliche, den Kern.

Die äußere Welt und ihre offensichtlichen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten sollten uns also Anlass sein, nicht angsterfüllt weiter auf die Nachrichtensendungen des Fernsehens und die Schlagzeilen der Zeitungen zu starren, um sich über die nächste Hiobsbotschaft aufregen zu können. Sie können uns als Anlass dienen, uns zum Kern, zum Wesentlichen des Lebens zurückzukehren und damit zu den Kernfragen:

  • Wer bin ich oder wer oder was glaube ich zu sein?
  • Was glaube ich über das menschliche Leben und wie stehe ich zu ihm?
  • Was soll der Sinn meines Lebens sein
  • Wer will ich sein hier in diesem Leben?


Vor diesen wenigen Fragen drücken sich die meisten Menschen und glauben insgeheim, hierauf keine persönliche Antwort formulieren zu müssen. Dabei übersehen, dass Sie das schon längst – auf unbewusste Weise tun und dem Leben jeden Tag gegenüber erklären, wer sie sind und wozu sie leben.

Und die Erklärung der meisten Menschen auf die Frage: Wer bin ich? Lautet: Ich bin einer, der konsumiert:  „Ich konsumiere – also bin ich!“ Und der Sinn, den die meisten Menschen ihrem Leben geben, heißt: Aufstehen – arbeiten – ein bisschen Spaß – hinlegen und schlafen.“

Das Leben in diesem Körper geht schneller vorbei, als vielen lieb ist. Darum können wir gar nicht früh genug, uns selbst diese entscheidenden Fragen  zu stellen und unsere Antworten hierauf finden, damit wir das Wesentliche vom Unwesentlichen, das Wirkliche vom Scheinbaren unterscheiden lernen.

In diesem Zusammenhang hat mich der Satz von Oriah Mountain Dreamer in dem kleinen Bändchen „Die Einladung“ so berührt, wo es heißt: „Es interessiert mich nicht, wo und was und mit wem du studiert hast. Ich will wissen, was dich von innen stützt, wenn alles andere wegfällt.“

Das Wesentliche, das es zu finden gilt, ist immer unsichtbar. Es liegt immer im Bereich des Innern. Was sich im Außen zeigt, ist das, was auf das Innere folgt. Es ist die Antwort des Lebens auf. Im Innern liegt das Wirkliche, im Außen erfolgt seine Spiegelung. Wie innen – so außen. Wann werden wir Menschen dies endlich auf breiter Basis begreifen???

Artikel entnommen aus der KGS-Berlin-Ausgabe 02/2011